Digitaler Nachlass – was ist das überhaupt?
Definition
Der Digitale Nachlass (auch: Digitales Erbe oder Digitales Testament) bezeichnet die Regelung des Besitzes und des Umgangs mit den digitalen Daten und Konten eines Menschen nach seinem Tod – weshalb häufig auch die Bezeichnungen Digitales Testament oder Digitales Erbe benutzt werden. Das Problem: Noch kaum jemand hat sich Gedanken darüber gemacht!
In Deutschland sterben jährlich über 900.000 Menschen, bei einer Internetnutzungsquote von 84% sind das im Jahr 2018 rechnerisch über 700.000 verstorbene Internetnutzer. Auf die 32 Mio. Facebooknutzer (2019) umgerechnet, sterben bei einer Sterberate von 1,1% (2016) statistisch gesehen ca. 300.000 Facebookuser in Deutschland jährlich. Laut einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom von 2019 hatten jedoch nur 13% vollständige und weitere 18 % teilweise Regelungen darüber getroffen was mit ihrem Digitalen Erbe geschehen soll. Auch wenn die Zahlen sicher nicht trennscharf zu berechnen sind, lassen sich doch die Dimensionen des Themas erahnen.
Lange war strittig, wem der digitale Nachlass zufallen soll. In einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018 (BGH, Urteil vom 12.07.2018, Aktenzeichen: III ZR 183/17) wurde festgestellt, dass „beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks der Nutzungsvertrag grundsätzlich auf dessen Erben übergeht. Dem Zugang zum Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen“. Auch wenn es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, so ist davon auszugegehn, dass der Digitale Nachlass im Wege der erbrechtlichen Rechtsnachfolge auf den Erben oder die Erben übergeht. Das bedeutet, die Erben erhalten einen Anspruch auf Zugang zu den Online-Konten des Verstorbenen – soweit zu Lebzeiten nichts anderes bestimmt wurde. Nächste Schwierigkeit: Dazu müssen die Erben erst einmal wissen, welche Verträge und Profile überhaupt bestehen...
Welche Daten umfasst der digitale Nachlass?
Wenn man einmal genauer darüber nachdenkt, fällt auf, dass der digitale Nachlass mitunter schon sehr umfangreich sein kann.
Der Autor kommt z.B. auf über 80 Konten – allein im privaten Bereich.
Online-Konten mit persönlichen Daten nutzen wir für:
- Emails und Adressbücher (z.B. web.de, gmx.net etc.)
- Social-Media (z.B. Facebook, Twitter, Instagram)
- berufliche Netzwerke (z.B. XING, LinkedIn)
- Software (z.B. Microsoft Office, Adobe Photoshop)
- Online-Banking (Tagesgeldkonten, Aktiendepots)
- Bitcoins
- Bezahlvorgänge (z.B. PayPal)
- Versicherungen und Krankenkassen
- Datenspeicher (Bilder, Videos, Dokumente) in der Cloud (z.B. Dropbox)
- Einkaufen (z.B. Amazon, eBay)
- Film- und Musikstreaming/-sammlung (z.B. netflix, spotify, iTunes)
- E-Books
- Redaktionelle Abonnements (Tageszeitungen, Magazine)
- Online-Spielesammlung (z.B. Steam, PlayStation)
- Online-Wettanbieter (z.B. tipico, bwin) und Online-Casinos
- Wearables (Smartwatches, Fitnessarmbänder)
- Smart Home (Licht, Heizung, Elektrogeräte)
- und Vieles, Vieles mehr...
Aber auch "offline" fallen für Fotos, Musik, Dokumente und Emails viele Gigabyte an Daten an:
Daten auf Datenträgern
- Computer und Notebooks
- Externe Datenspeicher (Festplatte, USB-Stick, NAS, DVD, CD)
- Smartphones und Tablets
Digitaler Nachlass – Die 7 größten Probleme