Liegen keine gelisteten Informationen über den Digitalen Nachlass des Verstorbenen vor – und das ist in ca. 90% der Todesfälle in Deutschland so – dann kommt man um Detektivarbeit nicht herum.
Benutzername / Emailadresse ja, Passwort nein
Fehlt Ihnen nur das Passwort, dann versuchen Sie über eine Funktion wie "Passwort vergessen" oder "Passwort zurücksetzen" auf der Login-Seite des Anbieters ein neues Passwort anzufordern. Wichtig ist der aktive Zugang zum betreffenden Emailkonto des Verstorbenen! Wenn Ihnen ein neues Passwort vorliegt, dann können Sie sich in den Account einloggen und fortfahren wie im unteren Abschnitt ("Zugangsdaten gefunden – und nun?") beschrieben.
Im nächsten Schritt gilt es herausfinden, welche Online-Konten bzw. Internetdienste der Verstorbene überhaupt genutzt hat.
Die große Suche – Tipps für das Finden von Konto- und Nutzerdaten
- Versuchen Sie Zugang zu den Endgeräten des Verstorbenen zu bekommen. Nicht immer ist ein Computer mit einem Passwort geschützt. Sollten Sie auf ein unbekanntes Passwort treffen, dann konsultieren Sie einen IT-Experten, der Ihnen weiterhelfen kann. Beim Smartphone helfen die Unterlagen vom Telefonnetz-Betreiber, um PIN, Super-PIN oder PUK herauszubekommen.
- Überprüfen Sie Emailprogramme wie Outlook, Thunderbird und Apple Mail. Das Emailkonto eine wahre Fundgrube an Hinweisen zu weiteren Onlinekonten. Sichten Sie den Posteingangsordner sorgfältig, schauen Sie, an wen Emails versendet wurden und vergessen Sie auch nicht den Papierkorb und den SPAM-Ordner!
- Achten Sie bei verheirateten Frauen auf Emailkonten, die noch unter dem Mädchennamen genutzt wurden.
- Suchen Sie in den Emails der Internetdienste-Anbieter nach Zugangsdaten. Notieren Sie, mit welchem Emailkonto der Verstorbene mit welchem Anbieter in Kontakt stand.
- Suchen Sie auf Computer und Smartphone nach installierten Apps und Programmen von Internetdienstleistern. Welche Apps wurden benutzt? Ist der Nutzername zu erkennen? Ist das Passwort gespeichert?
- Untersuchen Sie im Internetbrowser die Lesezeichen und den Browserverlauf. Denken Sie daran, dass oft mehr als ein Browser (Internet Explorer, Firefox und Safari) im Einsatz war!
- Wenn im Browser Passwörter gespeichert sind: Nutzen Sie Tools zum Exportieren und Auslesen.
- Wenn Sie Passwörter in Klarnamen vorliegen haben: Probieren Sie diese auch bei anderen Accounts aus. Oft werden Passwörter mehrfach verwendet. Oder schauen Sie, ob sich eine Syntax, ein roter Faden bei der Erstellung der Passwörter erkennen lässt.
- Wenn Sie Zugang zu Kontoauszügen des Verstorbenen haben: Schauen Sie nach regelmäßigen Abbuchungen von Amazon, Netflix etc.
- Wenn Sie Zugang zu Papier-Unterlagen wie Rechnungen und Korrespondenzen haben: Schauen Sie nach Verträgen und Schreiben von Onlinedienstleistern.
- "Googeln" Sie den Verstorbenen. Die Profilseiten von Facebook, XING und LinkedIn sind – wenn vorhanden – gut auffindbar.
- "Googeln" Sie – wenn vorhanden – den Spitznamen oder oft verwendete Benutzernamen des Verstorbenen.
- "Googeln" Sie – wenn bekannt – die Emailadresse(n) des Verstorbenen.
- Nutzen Sie für die Online-Suche alternative Suchmaschinen zu Google. Sehr empfehlenswert ist die deutsche MetaGer!
Auf diese Weise stellen Sie sich eine Liste der Online-Konten des Verstorbenen zusammen. Die Liste wird in den seltensten Fällen vollständig sein, die wichtigsten und am häufigsten genutzten Anbieter aber wohl umfassen. Sehr schwierig aufzuspüren sind Konten, die unter einem Pseudonym oder mit einer unbekannten Emailadresse genutzt wurden. Hier stossen auch professionelle Dienstleister an ihre Grenzen.
Zugangsdaten gefunden – und nun?
Mit den gewonnen Informationen können Sie nun weiterarbeiten. Liegt Ihnen ein vollständiger Datensatz (Anbieter, Nutzername, Emailadresse, Passwort) vor, dann loggen Sie sich damit in das Online-Konto ein. Sie können den Account nun verwalten.
Tipps für das Verwalten von Online-Konten eines Verstorbenen
- Laden Sie wichtige oder aufhebenswerte Dokumente wie Bilder und Videos herunter.
- Laden Sie Ebooks, Musik und Filme herunter.
- Exportieren Sie Kontaktdaten.
- Fertigen Sie Screenshots an.
- Schauen Sie nach gekaufter Software und anderen Lizenzen.
- Schauen Sie nach Guthaben und Forderungen.
- Versetzen Sie das Konto ggf. in den "Gedenkzustand".
- Wenn durchdacht und gewünscht: Deaktivieren und löschen Sie das Online-Konto.
Wie Sie bei den einzelnen Anbietern für das Löschen eines Accounts mit Zugangsdaten genau vorgehen müssen finden Sie im Tipp: Online-Konten löschen.